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Doku „Ab ins Kloster!“: Chance für die Kirche?

Chance für die Kirche? Real-Life-Doku entdeckt das Klosterleben. Von Benedikt Winkler
Bad Habits - Generic
Foto: Channel 5 | Die Katholische Kirche ist für die Heiligen und für die Sünder, für die anständigen Leute reicht die anglikanische Kirche, hat Oscar Wilde einmal gesagt.

Wir kennen aus der Bibel das Gleichnis vom Barmherzigen Vater und dem verlorenen Sohn. Doch wäre es nicht mal an der Zeit, das Gleichnis zu „feminisieren“?

Eine junge Frau, die um die Welt reist, irgendwelche halbnackten Hollister-Männerkörper anhimmelt, nach der Devise lebt „Wenn alle Influencer sind, muss keiner mehr arbeiten“, jedes Wochenende feiern geht, sich unendlich viele Schminktipps holt, sich nur noch von Salat und der Bestätigung von Herzen und Likes bei Insta und Facebook ernährt, sich pausenlos Sorgen um die Figur macht; kurz eine Frau, die sich nicht entscheiden kann, vielleicht traurig ist, weil sie sich von ihrem Freund getrennt hat, von Oma früher gesagt bekommen hat, jungfräulich in die Ehe zu gehen wäre gut katholisch – aber damit überall aneckt, weil längst alle anders leben. Ist eine solche Bachelorette nicht genauso verloren wie der verlorene Sohn im biblischen Gleichnis? Fühlt sich eine solche Frau im Kampf um Gleichberechtigung von dem biblischen Gleichnis genauso angesprochen?

„Ab ins Kloster!“: Vorurteile abbauen und gegenseitiges Verstehen

Dass das Real-Life-TV jetzt das Klosterleben entdeckt, zeigt symptomatisch, dass die Sehnsucht oder zumindest das Interesse da ist. In England lief ziemlich erfolgreich die TV-Doku „Holy Order, Bad Habits“. Ob „Bad Habits“ nun schlechte Habite oder schlechte Angewohnheiten bedeutet, bleibt dem Zuschauer überlassen. In jedem Fall lebt das britische Original wie auch die Kabel Eins-Serie von einem Zusammenprall der Lebenswelten: Partygirls treffen auf Ordensfrauen, hemmungsloser Hedonismus auf die Gelübde Armut, Ehelosigkeit und Gehorsam.

Die TV-Macher scheinen verstanden zu haben, dass eine Gottesbegegnung dort stattfindet, wo Gegensätze zusammenfinden. Coincidentia oppositorum mit Unterhaltungswert. Das war schon bei Romeo und Julia so, beim „Glöckner von Notre-Dame“, als auch bei „Die Schöne und das Biest“, „Freak“ oder wer auch immer.

Worum geht es in der Real-Life-Doku?

In der vierteiligen Real-Life-Doku ziehen sechzehn junge Erwachsene („Party-Teens“) zu den Franziskanerinnen in Gengenbach (Baden Württemberg), ins Benediktinerkloster Ottobeuren im bayerischen Allgäu, ins Kloster der Marienschwestern vom Karmel in Linz und in das Kloster Marienkron der Zisterzienserinnen in Mönchhof und „unterwerfen sich den strengen Regeln und den christlichen Ritualen“, wie der Sender verlauten lässt.

Etwa 0,96 Millionen Menschen haben bei der ersten Folge „Rosenkranz statt Randale“ zur besten Sendezeit eingeschaltet. Schwester Michaela Pfeiffer, Generaloberin der Marienschwestern vom Karmel in Linz, spricht von einer bereichernden Erfahrung, junge Frauen im Konvent aufgenommen zu haben; Frauen, die sonst nicht die Kloster-auf-Zeit-Angebote wahrnehmen würden. Die Ordensfrauen stimmten der Anfrage des Senders zu, denn sie wollten zeigen, dass sie nicht so weltfremd leben, wie manche meinen, erzählt Schwester Michaela.

„Dass Menschen erfahren, dass wir auch ,Menschen unter Menschen‘ sind, und wir nichts zu ,verbergen‘ haben. Dass wir trotz einfacher Lebensgestaltung ein sinnerfülltes Leben haben.“

Die Teilnehmerinnen haben es ihnen gedankt: „Es war echt schön und ihr seid so herzlich. Das ist immer wieder ein schöner Gedanke in der abgestumpften Gesellschaft, in der wir uns befinden“, schreibt eine junge Frau den Karmelitinnen nach den Dreharbeiten. 500 Euro Gage gab es für die jungen Frauen, wie auch für die Ordensschwestern.

Und vielleicht sind Tattoo-Queen Jessica-Jill, Michelle, Anna oder Mareike im Kloster klar geworden, dass das Ja-Wort von Maria vor zweitausend Jahren nichts mit Selbstversklavung, Anbiederung und zum Lustobjekt degradiert zu werden zu tun hat, sondern mit Gottvertrauen, Liebe, Freiheit und Treue: Warum nicht?

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