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„Salus populi Romani“: Neuer Glanz für die Schutzherrin der Römer

Modernste Technik half bei der Restaurierung der „Salus populi Romani“, der berühmtesten Marien-Ikone in der Ewigen Stadt. Von Natalie Nordio
Salus populi RomaniMesse in der  Basilika Santa Maria Maggiore
Foto: KNA

Maria ist die sichere Arche inmitten der stürmischen Flut“, so predigte Papst Franziskus am vergangenen Sonntag während der Messe zu Ehren der „Salus populi Romani“ – was so viel bedeutet wie zum „Heil des römischen Volkes“. Roms berühmteste Marien-Ikone war nach Wochen endlich wieder an ihren Aufstellungsort zurückgekehrt, die Cappella Paolina in Santa Maria Maggiore. Immer am letzten Sonntag im Januar feiern die Priester der Erzbasilika und mit ihnen zahlreiche Gläubige, darunter Römer und Nicht-Römer, die „Traslazione della Salus populi Romani“, die Überführung der „Salus populi Romani“. Jedes Jahr aufs Neue erinnert dieser Tag an den feierlichen Einzug des Bildes in die Cappella Paolina, die Papst Paul V. in Auftrag gegeben hatte, und ihre Anbringung am Altar im Jahr 1613.

Päpste verehrten „Salus populi Romani“

Die Liste der Päpste, die sich der Einzigartigkeit der Ikone nicht entziehen konnten und sie verehrten, ist lang und endet nicht mit Paul V., der sie zu Beginn des siebzehnten Jahrhundert an ihren heutigen Aufstellungsort überführen ließ. Gregor XVI. ließ 1838 für Mutter und Kind sogar goldene Kronen anfertigen und sie reich mit Edelsteinen schmücken. Dieser Zierrat wurde allerdings schon 1988 entfernt und ist heute im Museum von Santa Maria Maggiore ausgestellt. Auch Pius XII., Johannes Paul II. und Benedikt XVI. waren dem Bild tief verbunden. Doch die Verehrung, die Papst Franziskus der „Salus populi Romani“ entgegenbringt, stellt alles, was zuvor war, in den Schatten. Ganze 56 Mal soll der Heilige Vater das Marienbildnis schon besucht haben, was bei seinem nunmehr knapp fünfjährigen Pontifikat im Schnitt etwa einem Besuch pro Monat entspricht. Wer erinnert sich nicht an den fast legendären Besuch des frisch gebackenen Papstes vor dem Marienbildnis nur kurz nach seiner Wahl im März 2013. Seither ist es für Franziskus zur festen Tradition geworden, vor einer Reise und nach seiner Rückkehr bei der „Salus populi Romani“ vorbeizuschauen und sie im Gebet um Unterstützung und Hilfe zu bitten oder sich bei ihr für diese zu bedanken. Darum lag es Papst Franziskus auch ganz besonders am Herzen, an diesem 28. Januar 2018 zum ersten Mal der Messfeier zu Ehren der „Salus populi Romani“ in Santa Maria Maggiore vorzustehen.

Basilika Santa Maria Maggiore
Foto: Divisione Produzione Fotografica | Franziskus vor der Marienikone "Salus Populi Romani" in der Basilika Santa Maria Maggiore.

Den blauen Mantel tief in die Stirn gezogen, durch den ein zarter Schatten auf ihr Gesicht fällt, blickt Maria frontal in die Richtung des Betrachters. Trotz ihrer Ernsthaftigkeit, die durch die strenge Frontalität ihrer Haltung und die recht markanten Gesichtszüge – ihre Nase und Augenbrauen treten besonders deutlich hervor – bedingt ist, hat die Jungfrau etwas Zartes und Liebliches an sich, das sich nur schwer an Äußerlichkeiten festmachen lässt und mehr ein Gefühl ist, das sich beim Betrachten des Bildes einstellt. Deutlich kleiner als Maria, halb sitzend, halb stehend, ist das Jesuskind in ihrer linken Armbeuge dargestellt. Es trägt ein kostbares goldfarbenes Gewand und hält in der linken Hand ein Buch, das Evangelium, während es mit seiner rechten Hand die unsichtbare Menge, die Betrachter, segnet. Maria hält ihr Kind fest im Arm und hat schützend die Hände vor ihrem Sohn überkreuzt – auch sie hat die Finger der rechten Hand zu einer Art Segensgestus erhoben. Das rote Gewand, das unter Marias blauem Mantel an den Handgelenken und an der Brust hervorblitzt, ist mit goldenen Fäden verziert. Ebenso kostbar ist das Buch in der Hand des Jesuskindes gestaltet, das mit Edelsteinen besetzt ist. Auch im Antlitz Jesus, der sein Gesicht der Mutter zuwendet, während sein Oberkörper wie der Marias streng frontal ausgerichtet ist, lässt sich dieselbe Mischung aus Ernsthaftigkeit und Zartheit ablesen wie zuvor in der Figur der Jungfrau.

Ikone nicht von Menschenhand gemalt 

Die Ikone gilt als nicht von Menschenhand gemalt und zählt zu den sogenannten Lukasbildern: Eine Gruppe von Bildern, die der Apostel Lukas zu Lebzeiten Marias gemalt haben soll und die dementsprechend wunderträchtig sind. In Jerusalem von Lukas gemalt, taucht die Ikone, der Überlieferung nach, während des Pontifikats Papst Sixtus' III. (432–440) auf. Er hatte nach Ende des Konzils von Ephesus, das im Jahr 431 Maria offiziell als „theotokos“, Gottesgebärerin, anerkannte, nicht nur entscheidend an dem Bau von Santa Maria Maggiore mitgewirkt, sondern soll der Kirche auch das kostbare Marienbildnis geschenkt haben. Seitdem ist die „Salus populi Romani“ in Santa Maria Maggiore zuhause. Soweit die Überlieferung, denn eine genaue Datierung bereitet auch heute noch Fachleuten Kopfzerbrechen. Denn während beispielsweise die Handhaltung Marias für einen Typus spricht, der in der byzantinischen Bildtradition vor den großen Bilderstürmen zwischen dem achten und neunten Jahrhundert verbreitet war, erlaubt die Machart der Gewänder von Mutter und Sohn eher eine spätere Datierung in das elfte Jahrhundert.

Pilger kommen seit Jahrhunderten 

Den Römern ist das völlig egal. Seit Jahrhunderten pilgern sie zu ihrer Heilsbringerin, die schon seit dem fünfzehnten Jahrhundert als wundertätig gilt, um von ihr Rat, Schutz und Hilfe zu erbitten. Die Wundertätigkeit der Ikone wäre eine gute Erklärung für diese ganz eigene, nicht greifbare Aura, die Maria und Jesus umgeben, aber nicht die einzige. Denn Details wie die zartrosa Wangen von Mutter und Sohn, Marias feingeschwungener Mund, auf dem der Anflug eines Lächeln zu erkennen ist, oder das bereits beschriebene, mit kostbaren Edelsteinen besetzte Buch in der Hand des Jesuskindes sind Details, die erst seit kurzem in dem Bildwerk überhaupt wieder wahrgenommen werden können. Frisch restauriert erstrahlt die Lieblingsikone der Römer in altem, neuem Glanz.

Das Expertenteam der Vatikanischen Museen hatte die heikle Aufgabe übernommen und in den vergangenen Monaten die Ikone von Grund auf restauriert. Dabei kam modernste Technik zum Einsatz. Zudem wurden zur künftig besseren Konservierung des Bildnisses Untersuchungen mit Hilfe von Röntgenstrahlen und Infrarotlicht vorgenommen. Durch eine als Spektroskopie bezeichnete Technik, die zur Analyse der Oberfläche von Kunstwerken genutzt wird, gewannen die Spezialisten wertvolle Informationen zu den verwendeten Materialien. Barbara Jatta, Direktorin der Vatikanischen Museen, und Stanislaw Rylko – im Dezember 2016 ernannte Papst Franziskus den polnischen Kurienkardinal zum Erzpriester von Santa Maria Maggiore – wachten mit Argusaugen über dem zu restaurierenden Kunstwerk und können nun zu Recht stolz auf das Ergebnis sein. Denn die „Salus populi Romani“ wurde nicht nur von Ruß, Schmutz und Übermalungen befreit, sondern bekam auch eine neues Reliquiar, das durch modernste Technik für eine optimale Konservierung sorgt. Frisch herausgeputzt wird die „Salus populi Romani“ hoffentlich noch ganz lang wie ein Schutzschild über die Stadt Rom und seine Bewohner wachen und sie vor Unheil bewahren.

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