Wer sich mit dem Justizwesen im alten Kirchenstaat beschäftigen möchte oder muss, ist nach ersten Recherchen oft dazu geneigt, von diesem Unterfangen Abstand zu nehmen. Zwar findet er in Bibliotheken und Archiven des Vatikans und Italiens reichlich Material, aber es ist dann die Komplexität der weltlichen Rechtsprechung der Päpste, die abschreckt. So sind weltliche und innerkirchliche Verfahren miteinander verwoben, und es wurden ursprünglich rein geistlichen Gerichten Prozesse übertragen, die Raub, Verschwörungen oder Tötungsdelikte betrafen – noch 1870 entschied die Rota Romana in einem verhältnismäßig hohen Anteil über Zivil- und Strafverfahren. Überrascht wird man auch von der Vielfalt der Gerichtshöfe.
Gerichtsverfahren im Vatikan
Erst der „Vatileaks“-Prozess hat das Interesse der Öffentlichkeit auf die Gerichtsbarkeit des Papstes gelenkt. Von Ulrich nersinger