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Benediktinerabtei Gerleve: Ein Ort christlicher Gottsuche

Geistlich auftanken im Münsterland: In der Ludgerirast der Benediktinerabtei Gerleve finden Gäste Angebote für das geistliche Leben. Von Heinrich Wullhorst
Benediktinerabtei Gerleve
Foto: IN | Westfalen von seiner paradiesischen Seite: Die Abtei Gerleve.

„Wir sind ein Ort christlicher Gottsuche, des Gebetes und der Gastfreundschaft.“ So versteht sich die Benediktinerabtei Gerleve. Im Herzen des Münsterlandes, inmitten einer von Landwirtschaft geprägten Gegend zwischen den Städten Coesfeld und Billerbeck befindet sich seit mehr als 100 Jahren ein spiritueller Ort, der immer wieder Menschen angezogen hat.

Geschichte der Benediktinerabtei Gerleve

Alles beginnt im Jahre 1899, als drei Geschwister ihren Bauernhof stiften, damit dort ein Kloster der Benediktiner errichtet werden kann. Schon fünf Jahre später erfolgt die Erhebung zu einer selbstständigen Abtei.

„Die Menschen, die damals nach Gerleve kamen, nahmen einen echten Pilgerweg auf sich“, erklärt Pater Christian Brüning. Er leitet das Exerzitien- und Gästehaus des Klosters mit dem bedeutungsvollen Namen Ludgerirast. Der heilige Ludger war der erste Bischof von Münster. Unmittelbar vor seinem Tod am 26. März 809 in Billerbeck soll er unweit der Stelle, an der sich das Kloster heute befindet, Rast gemacht haben, um seinen Sprengel, das Münsterland, zu segnen. Mit Pferdewagen und Kutschen sowie zu Fuß wird sein Tross damals auf dem Weg gewesen sein.

Mehr als 1 000 Jahre später, zur Zeit der Klostergründung, kann man die Benediktiner bereits mit einem Zug erreichen. Dieser endet allerdings im sechs Kilometer entfernten Coesfeld. Von dort aus macht man sich in der Regel zu Fuß auf den Weg. Die Gäste des Klosters dürfen nicht in der Abgeschlossenheit der Klausur beherbergt werden. „Unsere Besucher haben damals in den Scheunen der umliegenden Bauernhöfe übernachtet“, berichtet Pater Christian.

Das Exerzitien- und Gästehaus

Exerzitienhaus der Benediktinerabtei Gerleve
Foto: Jörg Schellschmidt | Malerisches für das Auge: Das gut ausgestattete Exerzitienhaus der Benediktinerabtei Gerleve.

Doch die Zahl der Gäste der Abtei wächst bereits in den ersten Jahren ständig und so entsteht auf dem Gelände des Klosters schon im Jahre 1913 das Hotel „Klosterhof“. Aus diesen Anfängen entwickelt sich im Laufe der Zeit das Exerzitien- und Gästehaus. „Unsere Idee war es von Beginn an, Menschen auf der Suche nach Gott und nach sich selbst zu unterstützen. Darauf ist unser Angebot ausgerichtet“, ergänzt der Leiter des Hauses.

Etwa 11 000 Übernachtungen zählt er jährlich in der Ludgerirast. „Rund tausend unserer Gäste sind Einzelbesucher. Sie erhalten bei uns die Möglichkeit, dem Alltag zu entfliehen und Ruhe zu finden“, beschreibt Pater Christian ihre Motivation.

„Für sie ist es wichtig, dass wir ihnen Möglichkeiten der spirituellen Begleitung durch die Nähe zum Kloster zur Verfügung stellen können. Das kann in Form von Seelsorgegesprächen oder im Rahmen der Beichte geschehen.“

Die Benediktiner drängen ihren Gästen allerdings die religiöse Unterstützung nicht auf. Vielmehr entwickeln sich viele Gespräche erst niederschwellig. Hier sind zunächst die vielen gut geschulten und sensibel auf die Besucher eingehenden Mitarbeitenden des Hauses gefragt. „Konkrete Gesprächsanfragen an uns Mönche ergeben sich oftmals erst bei dem zweiten oder dritten Besuch in Gerleve“, weiß der Pater.

Programm und Veranstaltungen: Gebetsstunden, Eucharistiefeier, Exerzitien und Pilgerwege

Allerdings nutzen viele der Klostergäste die Möglichkeit, spirituelle Anregungen in den Gebetsstunden der Benediktiner zu finden, die fünfmal am Tag von morgens früh um 5.20 Uhr bis zur Komplet um 20.15 Uhr in der Abteikirche abgehalten werden. Auch die tägliche Eucharistiefeier, werktags um 9 und sonntags um 10 Uhr, ist immer gut besucht. Darüber hinaus ist das Gotteshaus von 5 bis 21 Uhr für Besucher geöffnet.

Neben den 1 000 Einzelgästen nutzen etwa 3 000 Personen jährlich das Bildungsangebot des Exerzitienhauses. Hier findet man eine unglaubliche Vielfalt an Angeboten, die auch den geänderten Erwartungen der Seminarteilnehmer gerecht werden. „Früher wollten die Menschen frontal beschult werden. Der Referent musste möglichst viel erzählen, damit ein Seminar gelungen war. Heute wollen sie aktiv beteiligt werden, sich bewegen“, erklärt Pater Christian. Deshalb stehen Angebote wie Wanderexerzitien oder Pilgerwege mit dem Fahrrad ganz oben auf der Hitliste beliebter Kurse. Aber auch Themen, die man in einer klösterlichen Einrichtung nicht unbedingt erwartet, erfreuen sich einer großen Nachfrage.

„Zen-Meditation oder Yoga-Kurse werden von Menschen gebucht, die nach innerer Ruhe in hektischer gewordenen Zeiten suchen. Allerdings unterrichten wir diese Themen unter Berücksichtigung christlicher Aspekte.“

Klassische Themen, die in der Vergangenheit eine Rolle spielten, rücken dagegen mehr in den Hintergrund. So gibt es keine standesbezogenen oder altersspezifischen Exerzitien mehr, wie sie früher zum Beispiel für Lehrer, akademische Berufsgruppen oder Senioren im Angebot waren.

Ideal für Gruppen

Auch als Gruppe, zum Beispiel als Kirchenchor, als Pfarrgemeinderat oder gar als Unternehmen kann man sich in Gerleve einmieten. „Bei Organisationen außerhalb von Kirche dürfen allerdings die Werte und Inhalte nicht im Widerspruch zu den unseren stehen“, zeigt Pater Christian im berechtigten Interesse liegende Grenzen auf. Sonst ist aber jeder Gast herzlich willkommen, in einem der 35 Einzel- oder 10 Doppelzimmer zu übernachten, die allesamt mit Dusche und WC ausgestattet sind. Vier Seminarräume, ein Meditationsraum, verschiedene Gruppenräume und ein Lesezimmer werden auch den Anforderungen von Tagungsgästen gerecht. Dazu bietet die zum Haus gehörende Kapelle Gelegenheit zur Ruhe und zur Einkehr im Gebet.

In einer Klausurtagung bereiten die Benediktiner aus Gerleve jeweils das Kursprogramm des kommenden Jahres vor. Die Mönche haben so die Möglichkeit, sich mit ihren persönlichen Charismen und Vorlieben in die Gestaltung des Programmes einzubringen. „Je mehr sie von einem Thema und seiner Umsetzung überzeugt sind, weil sie es gerne tun, desto authentischer bringen sie es als Referenten dann zu den Teilnehmenden“, ist Pater Christian überzeugt, dass sich die intensive Themensuche auszahlt. „Unser Ziel ist es, Menschen vor dem Hintergrund des Glaubens und aus unserer christlichen Haltung heraus Gutes zu tun“, definiert er die Absicht der Bildungsarbeit. „So gelangen wir auch in Kontakt mit vielen Menschen, die sich auf diesem Wege einmal wieder dem Thema Kirche und Glaube annähern können.“

Spirituelle Tankstelle für junge Menschen 

Das Angebot der Benediktinerabtei in Gerleve ist übrigens nicht nur auf die Bildungsarbeit mit Erwachsenen beschränkt. Traditionell ist das Kloster auch eine spirituelle Tankstelle für junge Menschen. Bis zu 15 000 Übernachtungen zählt das Jugendhaus St. Benedikt des Klosters. Eines der Gebäude befindet sich nach Abriss gerade in einer Neubauphase. Danach werden aber wieder 80 Betten zur Verfügung stehen. „Viele Schulklassen und Jugendgruppen nutzen unser Angebot, um mit eigenen Referenten oder mit Unterstützung aus dem Kloster Freizeiten durchzuführen“, ergänzt Pater Christian.

Video über die Benediktinerabtei Gerleve

 

Weitere Informationen zum Exerzitienhaus der Benediktinerabtei Gerleve findet man im Internet unter www.abtei-gerleve.de/ludgerirast/.

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