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Islamexperte Mansour nennt Islamverbände "scheinheilig"

Im Gespräch mit der "Welt" äußert sich der aus Israel stammende Palästinenser zur aktuellen Antisemitismusdebatte. Er fordert auch Demonstrationsverbote.
Demonstranten verbrennen Fahne mit Davidstern in Berlin
Foto: (Jüdisches Forum für Demokratie u) | HANDOUT - Teilnehmer einer Demonstration verbrennen am 10.12.2017 eine selbstgemalte Fahne mit einem Davidstern in Berlin im Stadtteil Neukölln.

Der Islam-Experte Ahmad Mansour wirft den Islamverbänden in Deutschland vor, in der Antisemitismusdebatte „scheinheilig“ zu handeln: „Mahnwachen zu veranstalten und zu sagen, dass Juden nicht rassistisch behandelt werden dürfen“, helfe nicht weiter, „wenn das Thema in den Moscheen und Gemeinden gar nicht mutig und ehrlich angesprochen wird“, sagte Mansour der „Welt“ (Freitag). Zudem fordert er im Kampf gegen muslimischen Antisemitismus auch Demonstrationsverbote. Bei den Kundgebungen zum Al-Kuds-Tag etwa komme es seit Jahren zu antisemitischen Äußerungen: „Irgendwann ist es genug.“ Solche Demos zum Beispiel auf dem Berliner Kurfürstendamm, „der geschichtlich viel mit dem Holocaust zu tun hat“, sollte man daher „komplett verbieten“, so Mansour weiter: Wer zu Gewalt aufrufe, „muss definitiv wissen, dass er in Deutschland keinen Platz hat“. Das gelte auch nicht nur für das Verbrennen israelischer Flaggen: „Wer 'Juden ins Gas' ruft, dem muss klar sein, dass er in diesem Land mit Konsequenzen zu rechnen hat.“ Hetze im Internet müsse ebenso hart bestraft werden wie analoge Hetze. Politiker scheuten die Debatte, „weil sie glauben, auf diesem Feld nur verlieren zu können“, sagte Mansour. Es gebe eine allgemeine „Verklemmtheit“ im Umgang mit dem Islam. „Das Totschlagargument dabei lautet: Bloß nicht Rassismus oder Islamfeindlichkeit schüren.“

Mansour ist Palästinenser, stammt aus Israel und wäre in seiner Jugend nach eigenen Angaben beinahe radikaler Islamist geworden. Heute beschäftigt sich der Psychologe und Autor mit Projekten gegen Radikalisierung, Unterdrückung und Antisemitismus unter Muslimen. Er lebt und arbeitet seit mehr als zehn Jahren in Deutschland.

DT/KNA

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