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Aufstand gegen Rom

Das Wort der Glaubenskongregation zu den Segnungen gleichgeschlechtlicher Paare nennt Argumente. Doch die meisten Bischöfe weigern sich, das auch zu kommunizieren.
Kritik am Nein des Vatikans zur Segnung homosexueller Paare
Foto: Herbert Neubauer (APA) | Eine Regenbogenfahne schmückt die Pfarrkirche Breitenfeld. In Österreich und weiteren Ländern gibt es Kritik am Nein der vatikanischen Glaubenskongregation zur Segnung homosexueller Partnerschaften.

So kurz das Schreiben der Glaubenskongregation zu den Segnungen gleichgeschlechtlicher Paare ist: Es ist – wenn man „erläuternde Note“ und „Kommentar“ zusammennimmt – argumentativ. Es verurteilt nicht, es begründet. Es ist kein lehramtlicher Holzhammer, sondern differenziert. Es erklärt, was die Sakramentalien der Kirche sind und hütet sich davor, irgendein Urteil über Personen zu sprechen, die homosexuell empfinden. Das Wort aus Rom liefert in jedem Fall ausreichenden Stoff, so dass jeder Bischof seinen Leuten erklären könnte, was die Kirche in der Sorge um gleichgeschlechtliche Paare tun kann und wozu sie keine Vollmacht hat. Aber bis auf ganz wenige Ausnahmen verweigern die Bischöfe diese notwendige Argumentation und Kommunikation.

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Die Hirten duckten sich zu lange weg

Stattdessen haben viele von ihnen in ihren Diözesen die Praxis der Segnungen homosexueller Paare in den Kirchen einreißen lassen. Wissend, dass das eigentlich nicht geht. Und so hat man mal wieder das alte Schema: Die Hirten ducken sich viel zu lange weg, dann kommt ein Wort aus dem Vatikan und Rom steht im Regen da. Bei der Mahlgemeinschaft von Katholiken und Protestanten lief es auch so. Mit dem Hinweis auf die Gewissensentscheidung des einzelnen Christen, der auch als Nicht-Katholik zur Kommunion gehen will, öffnet man ein Hintertürchen, um sich seiner Aufgabe als Lehrer des Glaubens zu entledigen, der eigentlich erklären sollte, was das katholische Proprium ist.

Vergleichbar mit der Reformation

Dieser sich scheibchenweise vollziehende Widerstand gegen Rom wird in einer aufsteigenden Spiralbewegung die ganze Zeit prägen, die unter dem unseligen Stern des Synodalen Weges steht. Zu lange haben die Bischöfe in den theologischen Fakultäten, im eigenen Klerus, in den Akademien und Verbänden der Kirche die Kräfte wirken lassen, denen das „Sentire cum ecclesia“ abhandengekommen ist. Jetzt geht die Saat auf, man kann diesen Umbruch, der sich gerade vollzieht, nur noch mit der Reformation vergleichen. Im Rückblick wird dagegen die „Causa Woelki“ wie ein Klacks wirken, wie ein kurzlebiger Aufreger, der längst nicht die Folgen haben wird, die der langwierige Aufstand gegen Rom jetzt erahnen lässt. Im stillen Kämmerlein werden sich viele Bischöfe irgendwann fragen müssen, ob sie ihrer Verantwortung gerecht geworden sind.

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