Wenn man dem Musiktheater die Fähigkeit zugesteht, den Zeitgeist auszudrücken, dann lässt sich Katharina Wagners Inszenierung von „Tristan und Isolde“ in Bayreuth als ein außergewöhnlich gelungenes Beispiel anführen. Auf Frank Philipp Schlößmanns und Matthias Lipperts Bühne mit ihren Treppen, Stegen und Brücken irren zwei Menschen im Blau der Romantik aufeinander zu, lassen ihre Arme einen Kreis bilden, verlieren sich im zweiten Aufzug zwischen der scharfkantigen Helle von Suchscheinwerfern und dem tintigen Schwarz der Schatten zwischen gellendem Licht. Sie suchen Geborgenheit unter einer Plane, stecken künstlich matt leuchtende Sternchen auf, wie zwei Teenies, die in ihr selbstgebasteltes kleines Paradies flüchten.
Ausweglos im Diesseits gefangen
Katharina Wagners „Tristan und Isolde“ in Bayreuth verzichtet auf Metaphysisches, der Akkord des Daseins bleibt unaufgelöst. Von Werner Häußner